Seite 1 von 2

Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 16. Nov 2025, 16:22
von Seishin
Im Offizierscasino der TCS Paradox herrschte an diesem Abend eine Atmosphäre, die irgendwo zwischen erschöpfter Kameraderie und gedämpfter Feierlichkeit schwebte, während draußen im Hangar noch das ferne Klirren der Wartungsteams zu hören war und die Raumschiffe wie schlafende Bestien im gedimmten Licht ruhten. Naomi „Seishin“ Nakamura glitt mit ihren leisen, beinahe schwebenden Schritten durch den Eingang, die langen schwarzen Haare wie ein dunkler Schleier über ihrem Rücken, der zarte Duft nach Tee und Lotus fast unmerklich in der Luft.

Sie verneigte sich kurz vor ein paar Offizieren, nahm dann ein schlichtes Glas mit Wasser vom Tresen, ihre Finger ruhig, fast meditativ, und hob den Blick zu der kleinen Bühne am anderen Ende des Raums, wo nur ein einzelner Spot darauf wartete, dass jemand den ersten Ton wagte. Ohne ein Wort, aber mit dieser typischen gelassenen Entschlossenheit, die sie auszeichnete, setzte sie das Glas ab, strich eine Strähne hinter ihr Ohr und stieg auf die Bühne, jede Bewegung weich und präzise wie eine Kata, die nur sie kannte.

Die Gespräche im Raum verebbten nach und nach, als würden alle gleichzeitig spüren, dass gleich etwas Bedeutungsvolles geschehen würde. Naomi atmete leise durch, schloss kurz die Augen, und als sie sie wieder öffnete, lag in ihrem Blick diese stille Wärme, die trotz aller Disziplin manchmal durchbrach. Dann trat sie an das Mikrofon, legte eine Hand auf die Brust, als wolle sie ihren Herzschlag beruhigen, und stimmte ein Lied an



Ihre Stimme klar, zart und zugleich durchdringend, getragen von der inneren Kraft jener, die gelernt haben, jeden Moment zu nutzen, als könnte es der letzte sein. Während der Klang sich durch den Raum senkte, blieb alles still, die Offiziere, die Techniker, selbst der Barkeeper verharrten wie eingefroren, als würde Naomi mit jedem Ton die Schwere der letzten Missionen von ihren Schultern nehmen. Und als sie endete, langsam, wie ein letzter Atemzug nach einem langen Flug, stand sie einfach dort, bescheiden, aufrecht, als wäre nichts Besonderes geschehen, obwohl jeder im Raum wusste, dass genau das Gegenteil der Fall war.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 16. Nov 2025, 23:18
von Nightfrog
Aus einer Ecke des Offizierskasinos ertönte schließlich ein einzelnes Klatschen, bevor die anderen Anwesend sich genötigt fühlten, sich dem anerkennenden Klatschen anzuschließen. Bevor dieses nach ein paar Sekunden dann auch bereits wieder verebbte. Ein leises ansteigen der Gespräche war zu verfolgen.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 18. Nov 2025, 17:11
von Seishin
Naomi blieb einen Moment still sitzen, der Klang ihres eigenen Liedes vibrierte noch wie ein fernes Echo in ihrer Brust, doch ihre Aufmerksamkeit glitt immer wieder zu jener Ecke, aus der das einzelne, klare Klatschen gekommen war. Das Klatschen, das sie zuerst verwirrt, dann unerwartet berührt hatte. Schließlich hob sie den Kopf und ihr Blick fand Jean-Baptiste, der halb im Schattenspiel der Lampe saß, so ruhig wie jemand, der mit der Stille besser vertraut war als mit der Unruhe dieses Kasinos. Für einen Atemzug zögerte sie, nicht aus Unsicherheit, sondern weil sie spürte, dass jeder Schritt zu ihm bewusst sein sollte. Dann nahm sie ihr Glas, stand auf und glitt mit diesen leisen, kontrollierten Bewegungen, die ihr eigen waren, zwischen den Tischen hindurch. Je näher sie kam, desto deutlicher spürte sie eine leichte Anspannung in ihrem Bauch, seltsam und ungewohnt, aber nicht unangenehm. Vor seinem Tisch blieb sie stehen, legte eine Hand an das Glas, damit sie etwas Festes berührte, und neigte den Kopf leicht zur Seite, ihre langen schwarzen Haare rutschten dabei sanft über ihre Schulter. Ihre Stimme, ruhig, höflich, nur ein wenig weicher als sonst, löste sich schließlich aus der Stille zwischen ihnen. „Verzeih… darf ich mich zu dir setzen?“ sagte sie und wartete, still, ohne Erwartung, ohne Druck, einfach nur offen für seine Antwort.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 18. Nov 2025, 19:31
von Nightfrog
Nicht das Jean sich absichtlich verstecken würde. Aber Jean wusste wie man auf einem Träger unerkannt und unauffällig sich zwischen den Menschen bewegte. Hätte man nach ihm gesucht, wären die Anwesenden womöglich keine großartige Hilfe gewesen. Doch der liebliche Gesang hatte ihn dann aus seinem Dämmerschlaf geweckt. In den ersten Momenten, war er noch voller Zweifel gewesen, ob er noch träumte oder bereits wach war. Sein Unterbewusstsein hatte die Stimme sogleich Seishin zuordnen können. Doch der Kontext in dem er Seishins Stimme vernahm, wollte sich nicht ineinander fügen. Kannte er die Stimme doch kämpferisch und oft auch zweifelnd. Zweifelnd am eigenen Können. Unberechtigt, wie er meist fand. War sie doch eine gute und fähige Pilotin. Was zuletzt auch ihre Beförderung bestätigte. So voller emotionen war ihm Seishins Stimme noch völlig fremd gewesen. Doch desto länger er ihr zuhörte, desto selbstsicher und breiter wurde das Lächeln auf seinen Lippen. Als ihre Stimme schließlich entschwunden war, hatte Jean in die Runde geblickt und begonnen zu Klatschen. Aber auch als erster wieder aufgehört.

Er hätte sich jedenfalls nicht getraut, zu singen. Geschweige den etwas anderes vor einem Publikum gemacht. Das war absolut nicht seine Welt. Tatsächlich genoss er viel lieber die Ruhe seines Quartiers. Das war mit dem hin- und herpendeln zwischen der Hathor und der Paradox nicht immer einfach. Aber manchmal lohnte es sich zwischen den Einsätzen nicht, zur Hathor zurückzukehren. Also suchte sich Jean ein ruhiges Plätzchen. Er saß in seiner Einsatzmontur an einem Tisch in der Ecke des Kasinos. Der von den meisten Leuten aufgrund seiner Ausleuchtung nicht wahrgenommen wurde. Doch für Jean war er perfekt. Abgeschieden und Ruhig, saß er über sein PDA gebeugt und wirkte beinahe leblos zusammengesackt. Auf dem Tisch stand noch eine Karafe mit Wasser und ein leeres Glas. Sowie ein leerer Teller mit Besteck.

Im ersten Moment bemerkte Jean gar nicht, das Seishin sieh ihm näherte. Er versuchte sich wieder seinem PDA zu widmen, doch irgendetwas zog seinen Blick immer wieder in Richtung Seishin. Er beobachtet Seishin aufmerksam wie sie ihm näher kam und nahm dabei auch ihre fließenden Bewegungen wahr. Die so gar nicht zu einer Soldatin passen wollten. Dafür bewegte sich Seishin zu elegant. Dabei wirkte Jean wahrscheinlich alles andere als Freundlich. Sein Blick hatte etwas lauerndes. Als würde er jede Nuance ihre Bewegungen wahrnehmen und analysieren. Oder wie ein Jäger auf einen günstigen Moment warten. Ohne dabei großartig den Kopf zu bewegen oder zu heben. Selbst als sie an seinem Tisch stehengeblieben war, bewegte sich der Kopf nicht. Erst als sie ihn ansprach, hob sich der Kopf langsam, als würde er ihre Gestalt nochmals mustern, bevor er ihr in die Augen blickte. Ruhig, gefasst, musternd.

"Nimm Platz, Seishin.", forderte er sie schließlich auf und deutete auf den Platz ihm gegenüber. Bevor begann, Karafe und Teller etwas zur Seite zu schieben und ihr am Tisch etwas Platz einzuräumen.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 19. Nov 2025, 07:08
von Seishin
Naomi neigte leicht den Kopf, als sie seine ruhige, fast nüchterne Aufforderung hörte, und ein kaum merklicher Hauch von Erleichterung glitt durch ihre Schultern, unsichtbar für jeden außer ihr selbst. Sie setzte sich ihm gegenüber, legte ihr Glas vor sich ab und faltete die Hände locker darum, als müsse sie sich daran erden, während ihr Blick für einen Moment über die Karafe, den Teller und sein PDA glitt, bevor er wieder zu Jean zurückfand. Aus dieser Nähe wirkte er anders, nicht weniger wachsam, aber die Härte in seinem Blick schien weniger Bedrohung als Gewohnheit zu sein, ein Reflex aus einem Leben zwischen Einsätzen, Entscheidungen und Dingen, die man selten laut ausspricht. Naomi spürte die Intensität, mit der er sie betrachtet hatte, als sie sich genähert hatte, und obwohl es sie kurz irritiert hatte, empfand sie es jetzt eher als stille Anerkennung dafür, dass er sie wahrgenommen hatte, noch bevor sie ihn erreichte.
Sie atmete leise ein und ließ das Geräusch des Kasinos hinter sich verblassen, während sie sich minimal nach vorne beugte, genug, um ihre Stimme nicht unnötig heben zu müssen. „Arigatō ne, Nightfrog…“ sagte sie ruhig, weich, und ein Hauch von Scheu schwang in dem Dank nach, obwohl ihre Haltung aufrecht und diszipliniert blieb. Ihre Finger glitten einmal über den Rand des Glases, unsicher, ob sie etwas hinzufügen sollte, doch am Ende ließ sie den Moment ohne Hast weiterfließen.
Es ist schön dich hier zu sehen, ich bin so froh das wir alle die letzten Tage überlebt haben, aber sie sprach das alles nicht aus. „Aete hontō ni ureshii wa.“ ihre Stimme war leise fast zu leise, dann faste sie mehr Mut und sprach etwas lauter aber imemr noch etwsa schüchtern. „Ich habe dein Klatschen gehört.“ Ein winziges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, kaum mehr als ein Schatten. „Es hat mich überrascht. Geht es dir auch so dass man sich zurzeit nirgends wirklich zu Hause fühlt?“ Sie ließ die Worte im Raum stehen, offen, ehrlich, ohne Forderung, ohne Erwartung, bereit für das, was auch immer er antworten würde.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 19. Nov 2025, 19:16
von Nightfrog
Jean beobachtete gerne Leute, auch wenn er selten dazu kam. In früheren Zeiten saß er gerne in Cafés und Bars und beobachtete menschlische Interaktionen oder Reaktionen. Allerdings war ihm dabei nie aufgefallen, das er die Leute regelrecht anstarrte. Nicht das ihm das je aufgefallen war. Aber er wandte seine Blicke meist ab, sobald man seinen Blick bemerkte. Dabei prägte er sich gerne Verhaltensmuster von Menschen ein und verglich sie mit bereits beobachteten Verhaltensmustern. Er wäre womöglich ein großartiger Psychologe geworden. Wäre da nicht die Abneigung gegen Menschen. Nicht das er eine Art von Misanthrop wäre. Aber er behielt seine Gedanken gerne für sich.

Nach dem Seishin sich ihm gegenüber Platz genommen hatte, lächelte Jean, als Seishin sich etwas zu ihm beugte. Ja es wirkte aufgesetzt und nicht wirklich ehrlich. Aber erstaunlicherweise machte Jean sich nicht wirklich große Mühe es zu kaschieren. "Dein Singen hat mich auch überrascht, Naomi. Aber ich muss zugeben, du singst sehr schön. Also hast Du den Applaus auch verdient.", lächelte Jean. "Alleine für den Mut, den du dafür aufgebracht hast.", fügte Jean noch hinzu. Er mochte Seishins Art und Weise. Weich und Anschmiegsam. Niemals aufdringlich und doch so herrlich gut erzogen. Er bemerkte wie sie etwas unsicherheit ausstrahlte. Was das Lächeln auf seinen Lippen tatsächlich noch etwas vertiefte. Auf ihre Frage hin nach dem Zuhause, schwieg Jean einen Moment und betrachtete Seishin aufmerksam.

"Ich versuche nicht daran zu denken, wenn ich ehrlich bin.", antwortete Jean ruhig und atmete tief durch. Es klang müde und irgendwie auch erschöpft. "Die Missionen sind anstrengend und verlangen einem viel ab. Aber wenn ich draußen bin und in meinem Jäger sitze, bin ich eigentlich Zuhause. Nenn mich verrückt, aber ich liebe es dort draußen.", fügte Jean hinzu. Seine Stimme klang erstaunlich ruhig. Ein Kontrast zu der Anspannung und der Verbissenheit, die er ihm Raumkampf sonst zeigte.

Jean nutzte die Sprechpause und betrachtete Seishins Gesicht eingehend. Ungeniert und vielleicht etwas forsch. Aber seine Augen schienen entweder durch sie hindurch oder in sie hinein zu starren.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 19. Nov 2025, 20:22
von Seishin
Naomi senkte für einen Moment den Blick, als er sie so ungeniert musterte, und obwohl es sie kurz traf wie ein unerwarteter Lichtstrahl, war es kein unangenehmes Gefühl. Eher eines, das eine feine, ungewohnte Wärme unter ihrer Haut weckte, ein leises Entblößtsein, dass sie bei ihm erstaunlicherweise nicht erschreckte. Seine Worte über ihren Mut, über ihren Gesang, lagen wie ein weicher, vertrauter Schleier über einer Stelle in ihr, die sie sonst sorgfältig abgeschirmt hielt.
„Arigatō…“ hauchte sie, kaum hörbar, während ihre Finger fast instinktiv über den Rand des Glases glitten, als suchten sie darin Halt.
„Normalerweise… behalte ich solche Dinge für mich. Gefühle. Gedanken.“ Ihre Stimme war ruhig, aber in der Tiefe lag ein warmes Beben, fast ein Geständnis.
„Doch heute… war etwas anders.“ Langsam hob sie den Blick, und als ihre Augen seine trafen, hielt sie den Kontakt diesmal bewusst, auch wenn eine kleine Unsicherheit darin flackerte.
„Für mich fühlt sich das Cockpit… sicher an. Nicht weil es ungefährlich wäre, sondern weil ich dort niemand sein muss außer der, die ich bin. Keine Erwartungen die ich nicht erfüllen kann oder will.“
Sie atmete leise aus, der Atem zitterte kaum merklich, aber aufrichtig.
„Vielleicht ist das… näher an ‚Zuhause‘, als die Menschen es verstehen würden.“

Einen Moment ließ sie diese Worte zwischen ihnen stehen, bevor sie sich ein Stück mehr öffnete, ihre Schultern ein wenig entspannten und ein feines, echtes Lächeln ihre Lippen berührte.
„Es tut gut… jemanden zu haben, der das versteht. Jemanden, bei dem man nicht alles verstecken muss.“
Ihre Finger lösten sich vom Glas.
„Ich bin… froh, heute Abend hier bei dir zu sitzen.“

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 21. Nov 2025, 17:37
von Nightfrog
Konnte Naomi sehr gut verstehen, das diese ihre Gedanken und Gefühle lieber für sich behielt. Das ging Jean nicht anders. Als Naomi aber davon erzählte, wie sie sich im Cockpit fühlte, wurde das Lächeln auf Jeans Lippen immer tiefer. Er konnte das absolut nachvollziehen. Es ging ihm da auch nicht anders als ihr. Als sie den Kopf vorsichtig hob, bemerkte sie schnell das Jean sie immer noch eindringlich anblickte. "Was war heute Abend anders, Naomi?", fragte er ruhig und entspannt. Doch seine Worte klangen irgendwie auch eindringlich. Gar fordernd? Aber welche Forderungen konnte Jean scho an sie stellen.

"Ich weiß was du meinst. Das da draußen ist kein Spieplatz für Erwachsene. Die letzten Tage und Wochen waren schon anstrengend und fordern. Aber sobald die Kanzel sich schließt, verstummen all die Stimmen in deinem Kopf. Die Stimmen die dir sagen, was Du wie zu tun hast.", sprach Jean genießerisch und beinahe schon sehnsuchtsvoll. "Dann gibt es nur noch dich und deinen Gegner. Manchmal denke ich mir, es ist mord in großem Stile was wir da draußen betreiben. Aber dann wird mir im nächsten Moment klar, das unsere Gegner das gleiche mit uns tun würden.", erklärte Jean. Doch ein Hauch von Selbstzweifel schwang in seinen Worten mit. So als würde er stets all seine Taten zweimal rechtfertigen Müßen. Weil er seine Worte selbst nicht besonders überzeugend fand.

"Aber eines Tages werden wir dafür bezahlen müssen, was wir heute tun.", fügte Jean dann ruhig hinzu. "Immerhin können wir als Piloten nicht erwarten, das wir mit allem durchkommen und uns dann gemütlich am Abend unseres Lebens in einen Schaukelstuhl setzen.", erklärte Jean nüchtern und griff zur Karafe und schenkte sich noch mal etwas Wasser ins Glas. "Es sei den, du kannst genug Menschen zwischen dich und den Tod scharren und bist bereit, diese auch zu Opfern.", fügte Jean leise hinzu und sah dann wieder zu Naoomi. Während er einen Schluck aus dem Glas nahm.

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 22. Nov 2025, 08:04
von Seishin
Naomi hielt seinen Blick einen Moment lang aus, doch als er diese Frage stellte, so ruhig und dennoch so tief, zuckte etwas in ihrem Inneren, ein feiner Schmerz, der sich durch ihre Brust zog. Sie senkte den Kopf ein wenig, nicht aus Scham, sondern weil die Worte sich erst sammeln mussten, bevor sie hinaus durften.

„Was heute anders war…?“
wiederholte sie leise, beinahe wie ein Echo, das sich erst an seine eigene Form gewöhnen musste. Sie atmete ein, dann aus, ein langsamer, kontrollierter Rhythmus, doch die Kontrolle hielt nicht ganz, und ihre Stimme bekam einen unscharfen, verletzlichen Unterton.

„Heute… hatte ich einen kleinen Rückfall. Einen von den Tagen, an denen das Herz nicht so tut, wie man es befehlen möchte.“[/color]
Ihre Finger glitten wieder über das Glas, diesmal nicht suchend, sondern aus einer alten, vertrauten Geste heraus, die sie von früher kannte.

„Ich vermisse sie… meine Familie.“[/color]
Das Geständnis war kaum mehr als ein Hauch.
„Toadstool… meine drei Brüder… meine Eltern.“
Ihre Schultern sanken ein wenig ab, und für einen Moment wirkte sie kleiner, jünger, weicher.
„Früher… jeden Sonntagabend… haben wir zusammen gegessen. Und gesungen.“ Sie schloss für einen Atemzug die Augen, und ein feines Zittern ging durch ihre Lippen, als sie fortfuhr.
„Ich war die Jüngste. Ich habe nie besonders laut gesungen, aber… ich mochte diese Momente. Dieses Gefühl, dass wir… trotz allem… ein Zuhause hatten.“
Als sie die Augen wieder öffnete, war ihr Blick klarer, aber glänzender, und sie hob das Kinn leicht, fast trotzig gegen die eigene Verletzlichkeit. „Heute… wollte ich mir ein kleines Stück davon zurückholen. Nur ein winziges.“
Sie drückte die Hand leicht gegen ihre Brust, genau dort, wo der Schmerz saß. „Damit ich nicht vergesse, warum ich kämpfe. Wen ich schütze. Wofür ich jeden Morgen aufstehe, auch wenn der Himmel draußen schwarz ist.“[/color]
Sie hob langsam den Blick zu ihm, traf seine Augen wieder, diesmal fester.
„Und ja… ich glaube auch, dass das, was wir heute tun, Konsequenzen haben wird. Für uns. Für alle.“ Ihre Stimme wurde ruhiger, stabiler, mit dieser typisch disziplinierten Klarheit, die sie zu bewahren versuchte.
„Aber ich hoffe… ich hoffe einfach, dass am Ende noch genug von uns übrig ist, um etwas Gutes daraus zu machen.“ Schließlich senkte sie die Schultern ein wenig, als falle etwas von ihr ab, und ein stilles, ehrliches Lächeln schlich sich in ihre Augen. „Deswegen war heute anders, Jean. Weil ich… mich erinnert habe.“

Re: Kurze Stille vor dem nächsten Alarm

Verfasst: 22. Nov 2025, 21:33
von Nightfrog
Ruhig und still, hörte Jean einfach nur zu. Während seine Augen aufmerksam auf Naomi lagen und er die feinen Nuancen ihrer Körpersprache studierte. Er hörte einen tiefsitzenden Schmerz aus ihren Worten heraus. Etwas wie Heimweh und Sehnsucht. Jean sagte gar nichts. Er saß nur da. Sah Naomi aufmerksam und ruhig an und hörte zu. Es war schon unzählige Male bewiesen worden, wie gut es anderen Menschen ging, wenn diese sich einer Person anvertrauen konnten. Reden, einfach nur Reden.

Dabei verstand Jean sehr gut, von was Naomi erzählte. Vielleicht fühlte Jean etwas anders oder hatte andere Gedanken. Aber er verstand durchaus das es Tage gab, da wollte man wieder nach Hause. In den Schoss der Familie. Sich noch einmal von der Mutter drücken lassen. Kurz die Augen schließen, wenn sie einem wieder so sanft und liebevoll durchs Haar strich. Auch wenn man das damals nicht zugegeben hatte, es waren genau diese Dinge die einem hier draußen fehlten. Diese tiefgreifenden Gespräche. Etwas woran man sich reiben konnte.


"Ich wünsche mir manchmal wieder in der Werft meiner Eltern zu arbeiten. Neben meinem Vater zu stehen und ihm bei Reparaturen zu beobachten. Ich vermisse seine Stimme. Ich vermisse es, wenn meine Mutter vor lauter Stress, sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht gepustet hat.", sprach Jean und sah Naomi ruhig an. "Ich vermisse jeden einzelnen meiner Freunde. Die Zeit mit ihnen, wo wir heimlich ins Lager geschlichen sind und Elektronik und Module für unsere Drohnen 'ausgeliehen' haben.", fügte er noch schmunzelnd hinzu. Natürlich wussten seine Eltern von seinen Diebstählen. Aber sie hatten ihn nie dafür belangt oder getadelt.

"Am liebsten würde ich mir meine Hornet schnappen und nach Hause fliegen. Meinen Eltern sagen, das ich falsch lag und ich alles für sie tun möchte. Alles was sie verlangen.", sprach Jean mit einem überzeugenden aber sanften Lächeln. Das so unscheinbar ruhig und gefasst wirkte, das man die Emotionen dahinter gar nicht richtig greifen konnte. "Aber wenn Du nach Hause gehst, Tamara, ich und die anderen. Dann treibt hier ein seelenloser Träger durchs All. Das wäre gar nicht schlimm. Aber die Nephilim könnten dann tun und lassen was sie wollten. Die Mantu hätten die Menschheit versklavt, die Kilrathi hätten uns vorher wahrscheinlich schon ausgelöscht.", sprach Jean und schwieg einen Moment. Er ließ seine Worte wirken, bevor er Fortsetzte.

"Deswegen sind wir hier. Weil wir einer größeren Sache dienen als wir selbst. Du sorgst dafür das andere Kinder morgens gemeinsam mit ihren Eltern frühstücken können. Ich weiß das klingt sehr abstruß und ist schwer vorzustellen. Aber genau deswegen sind wir hier und kämpfen. Zumindest habe ich beschlossen daran zu glauben.", sprach Jean überzeugend.