Adhara hatte in keinem Wort erwähnt, dass die Bücher über PTBS mit Ravenclaw zu tun hatten.... Hatte sie vielleicht doch eine Spur zu auffällig gefragt beim Versuch, beiläufig zu wirken? Oder hatte Mako selbst eigentümliches Verhalten bei ihm mitbekommen?
"Ein Trigger wofür?", hakte sie- wieder um Beiläufigkeit bemüht- nach und stellte sich fürs Erste unwissend.
Vermutlich zog Mako- als Witwer einer Psychologin- gerade einfach die 'richtigen' Schlüsse, dass sie nicht grundlos nach dem Befinden eines seiner Geschwaderkollegen fragte, während sie die Bücher, die eigentlich gar nicht ihr Fachgebiet waren, offen vor sich liegenn hatte. Vielleicht hatte sich die kleine Eskalation vom Mittagessen auch schon herumgesprochen, auch wenn Marcus die Beteiligten um Diskretion gebeten hatte. Sowohl Kiowa als auch Stray Cat schienen mit ihm ebenfalls befreundet zu sein- wie auch Ravenclaw selbst. Jeder hätte inzwischen mit ihm geredet haben können. Machte sie sich wohlmöglich beim Versuch, als Einzige die Diskretion zu bewahren gerade zum Vollhorst indem sie sich dumm stellte?
Mako seufzte und zuckte die Schultern. "PTBS, Depressionen, Angstzustände, Panikattacken, was weiß der Geier. Der menschliche Geist ist genauso so gut erforscht wie der Galaktische Kern und ein Mensch wird von ALLEM was passiert in seinem Umfeld beeinflusst. Es könnte alles gewesen sein, sogar ein Zuckerstreuer der nicht an seinem Ort stand oder sowas." vermutete er.
"Ich 'atte nicht erwähnt, dass ich das alles wegen ihm lese.... Also gehe ich davon aus, dass Sie entweder der kleine Bruder von Sherlock 'olmes sind- und mit den Büchern und meiner - zugegeben- armselig um Beiläufigkeit bemühten Frage nach ihm richtig kombiniert 'aben.... Oder Ihnen ist auch aufgefallen, dass er sich in letzter Zeit seltsam verhalten 'at?!"
Adhara schaute ihn erwartungsvoll an und hoffte insgeheim auf Version Nummer zwei. Allerdings ga es noch eine dritte Möglichkeit: Dass jemand aus der Mittagsrunde fröhlich herumgeplaudert hatte. Das musste nicht einmal einer der direkt Beteiligten gewesen sein. Vielleicht jemand von den benachbarten Tischen....
"Lassen Sie mich raten: Das kleine Kasino- Fiasko von 'eute Mittag macht gerade fröhlich die Runde durch den Flurfunk..."
Da die Katze nun sowieso aus dem Sack war, konnte sie auch gleich offener darüber reden. Geheimniskrämerei war bekanntlich auch keine ihrer Stärken.
"Sie sind auch mit ihm befreundet, n'est- ce pas? Wir machen uns wirklich Sorgen. "
"Die Latrinenparole ist schneller als die Bordzeitung ohja..." murmelte Mako amüsiert und schüttelte den Kopf.
"Machen Sie sich nichts draus, jeder ist mal dran." Danach wurde aber sein Blick wieder ernster als das Thema Freundschaft ankam.
"Freunde.. ich kann nicht sagen das ich sehr viele Freunde an Bord habe, klar ich komme mit allen sehr gut aus, behaupte ich mal aber.. der einzige richtige Freund bisher war meine Frau. Das klingt vielleicht hart aber der Rest der Piloten sind nur gute Bekannte. Wenn wir alle auf Venice ein Barbeque feiern würden oder so oder auch privat mehr machen würden dann wären es vielleicht meine Freunde. Aber diese Bekannten hier würde ich auch nicht missen wollen. Also sind sie doch Freunde? Ich weiß es nicht." schmunzelt er dann wieder und zuckte mit den Schultern.
"Rav hat seine Entscheidung getroffen. So oder so, das macht jeder von uns einmal in seinem Leben."
Als er über das Thema Freundschaft zu reden begann, kaute sie etwas unsicher auf ihrer Lippe. Seine Frau war seine einzige 'wirkliche' Freundin gewesen? Sie hatte immer gedacht, die Wölfe mit ihrem Gerede vom Rudel wären so eng miteinander verbunden wie eine Familie...
"Das wundert mich jetzt un petit peu.... ", gab sie zu. "Ich dachte, Sie wären alle enger miteinander befreundet. Aber ich kenne das Gefühl. Als ich an Bord kam, waren wir vom jetzigen Fireteam Bravo ein eingeschworenes Vierertrüppchen. Das 'abe ich nun zerstört, indem ich eine Beziehung eingegangen bin... Dem Einen 'abe ich auf ziemlich dämliche und grausame Weise das 'erz gebrochen und die anderen beiden nehmen es mir übel. Dann gibt es noch jemanden, den ich gerne als Freund und Mentor gehabt 'ätte, der sich aber dummerweise in mich verliebt 'at. Sie kennen ja das Drama von der Party. War nicht zu übersehen... "
Adhara schluckte.
"Und meine Beziehung 'abe ich 'eute vermutlich auch in den Sand gesetzt, indem ich über Dinge, die mich im Grunde nicht mal persönlich betreffen, verbale Tiefschläge ausgeteilt 'abe..."
Sie schaute etwas betreten hinüber zu Mako.
"Zwischenmenschliches ist manchmal verdammt anstrengend. Ihre Frau muss eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein. Ich 'ätte sie gerne kennen gelernt."
Beim letzten Satz gelang ihr ein kleines doch aufrichtiges Lächeln.
Mako schmunzelte bei ihren Worten und doch schlich sich der leise Schmerz wieder bei ihm ein.
"Sie war wunderbar." sagte er nur und räusperte sich.
"Sie dürfen die Worte von mir gerade nicht so auf die Waagschale legen, ich bewerte nur gerade diese komplizierten zwischenmenschlichen Beziehungen neu und da kann es sein das am Ende noch noch ein paar Freundschaften rausspringen." lachte er leise.
"Mein Leben organisiert sich gerade selbst neu, ohne dass ich es groß geplant 'ätte... Aber ich bin ja auch noch neu 'ier. Vielleicht Zeit, ein paar neue Freundschaften zu knüpfen.... Freundschaften waren mir in der Vergangenheit immer sehr wichtig."
Adhara seufzte. Sie merkte, dass es ihn noch immer schmerzte, über seine Frau zu reden und dafür hatte sie Verständnis.
"Wenn Sie nicht über sie reden wollen, dann ist das ok. Ich 'abe selbst im Mantu Krieg jemanden verloren, den ich sehr geliebt 'abe. Lt Cmdr Bearing ist meine erste Beziehung seitdem... Ich 'abe lange gebraucht, um wieder nach vorne blicken zu können."
"Selbst nach 6 Monaten und vielen Ups und Downs ist es tatsächlich immer noch sehr schwer über sie zu reden." sagte er ernst und zuckte mit den Schultern.
"Sie und der XO? Scheiße ich muss echt mehr an Bord sein. Aber ich fliege lieber allein Langstreckenpatroullie. Da habe ich meine Ruhe und .. ach keine Ahnung."
"Seit dem Landurlaub... Ich dachte, das wäre inzwischen wirklich kein Geheimnis mehr..."
Er wusste es noch nicht?! Man konnte ihr ihre Überraschung gerade wirklich ansehen.
"Sechs Monate sind noch keine lange Zeit. Lassen Sie sich all die Zeit, die Sie brauchen."
Sie suchte seinen Blick.
"Wissen Sie, warum ich Sie so 'artnäckig aus dem Kasino zur Krankenstation gezerrt 'abe? Weil Sie mich an mich selbst erinnert 'aben. Meine Verletzung und der Verlust von Matteo.... Das alles 'ing zusammen und war mehr als ich damals ertragen konnte. Ich bin in der ersten Zeit nicht besonders gut mit mir selbst umgegangen. Und ich bin froh, dass Sie schneller wieder in der richtigen Spur gelandet sind. Ihre traurigen Augen waren das Erste, was mir an meinem ersten Tag 'ier an Bord aufgefallen ist. Sie 'aben mich nicht wahrgenommen... 'atten sich mit der VO im Kasino unterhalten. Ich weiß nicht warum, aber ich 'atte irgendwie das Bedürfnis, Sie zu beschützen. Auch vor sich selbst. Und ich bin Ihnen damit tierisch auf den Keks gegangen. Dafür möchte ich mich entschuldigen."
"Sie haben mich vom ersten Moment an sie erinnert, und Sie bekamen all die Wut und den Schmerz von meiner Seele ab. Ich weiß eine Entschuldigung kommt ein wenig zu spät dennoch: Entschuldigen Sie bitte mein Verhalten damals. Es ist immer noch jeden Tag ein Kampf, jeden Tag wenn ich ohne ihre Wärme aufwache oder wenn ich nach Hause komme und ins Kasino rufe bis.." Seine Augen wurden feucht und seine Stimme wurde leicht brüchig. "Bis ich merke das es nie wieder so sein wird wie früher wo jemand auf mich wartet. Sei es aus meiner Haltung heraus oder einer möglichen Dame." Er zuckte mit den Schultern und fuhr sich über die Augen.
"Ich trauere immer noch wie Sie sehen, also wäre es im Moment nicht so günstig darüber zu reden. Ich wollte die Navy verlassen, zurück nach Venice und mich im Restaurant meiner Familie verkriechen, ohja es hätte vielleicht für ein paar Monate funktioniert aber dann... ja dann wäre ich hier hin zurückgekrochen gekommen. Der alte Mann hat mich zur Seite genommen kurz vor dem Landurlaub und sagte nur einen Satz. Speerspitze der Navy." Mako schüttelte amüsiert den Kopf.
"Das hat gereicht, nach einem befreienden Aufenthalt in Island habe ich mich dank dem Satz wieder gefangen. Das hört sich vermutlich verrückt an."
